Der Ruf
Im Ausland wie unter Argentiniern gilt die UBA
als eine sehr gute Uni, an der sich die besten Dozenten versammeln, doch zugleich ist sie als besonders chaotisch verschrien. Erzählt man einem porteño, man sei Austauschstudentin an der Filo in Puan, erntet man ein bedauerndes Kopfschütteln und die
Aussage, dass es dort ja so chaotisch zugehe, die Verwaltung sei ein Graus.
Und das Gebäude erst - das sei wirklich "muy feo - sehr hässlich"! Aber dann wird doch noch voller Anerkennung hinzugefügt: Die Lehre sei ja an der UBA wirklich exzellent, gute Kurse
gäbe es da usw. Und so ist es auch - die Dozenten bieten Seminare und Vorlesungen zu vielfältigen und interessanten Themen an (so besuche ich Kurse über argentinische Literatur und Kulturindustrie im 20. Jahrhundert und über Kinder- und Jugendliteratur) und sind voller Engagement bei der Sache.
Das Gebäude
Stühlelager im Untergeschoss |
Plakatsalat im Treppenhaus |
Im Innenhof, wo die Studenten bei guter Witterung auf ein paar Steinbänken
sitzen, rauchen, reden und Gitarre spielen, befindet sich auch das CEFyL (das Studierendenzentrum der
Fakultät), in dessen Kopierläden man sich das Kursmaterial ausdrucken lässt.
Ein Stockwerk tiefer gibt es eine Art Mensa, die Essen und Getränke zu sehr günstigen Preisen anbietet. Aber man findet im gesamten Gebäude verteilt auch genügend Verkaufsstände (oder Leute, die mit einem Korb voll selbstgemachter Sandwiches in den Fluren stehen), um sich zwischen den Kursen mit Essen und Getränken zu versorgen.
Ein Stockwerk tiefer gibt es eine Art Mensa, die Essen und Getränke zu sehr günstigen Preisen anbietet. Aber man findet im gesamten Gebäude verteilt auch genügend Verkaufsstände (oder Leute, die mit einem Korb voll selbstgemachter Sandwiches in den Fluren stehen), um sich zwischen den Kursen mit Essen und Getränken zu versorgen.
Nur vormittags ist der Innenhof derart ausgestorben - die meisten Vorlesungen und Seminare finden erst nachmittags und abends statt |
Studieren
Es gibt zwei Arten von Kursen an der Filo: Seminare, die üblicherweise vier Stunden dauern (wenn man
Glück hat nur drei) und Materias,
wobei sich letztere aus einer vierstündigen Vorlesung und einem zweistündigen
Begleitseminar pro Woche zusammensetzen. Für die meisten Austauschstundeten ist
es anfangs eine große Herausforderung, ganze vier Stunden in einer
Veranstaltung auszuharren, die noch dazu in einer Fremdsprache stattfindet, und
den Ausführungen der Dozenten zu lauschen. Die viertelstündige Pause, die zur
Halbzeit eingelegt wird, sorgt jedes Mal für ein erleichtertes Aufatmen.
Erstaunlicherweise scheinen die Dozenten nicht zu ermüden, auch wenn sie
stundenlang reden müssen - sie sind einfach zu begeistert von ihrem Thema.
Politik
An der UBA geht es wesentlich politischer zu als an einer
deutschen Uni. So gehen Studentengrüppchen zur Vorlesungszeit von Hörsaal zu Hörsaal, um ihre Kommilitonen (und die Dozenten) über Veranstaltungen, Kundgebungen, Demonstrationen und vieles mehr zu informieren. Manchmal nehmen diese Besuche aber stark überhand und wenn dann innerhalb einer viertel Stunde die dritte Gruppe die Vorlesung "ganz kurz" unterbrechen möchte, winkt der "Profe" schon mal genervt ab, mit dem Hinweis auf die Stoffmenge, die er heute noch durchbringen möchte. Meist aber werden diese kleinen "Kundgebungen" geduldet, denn sie gehören wie selbstverständlich zum UBA-Alltag.
Die Plakate und Flugblätter, die in der Filo unermüdlich verteilt und aufgehängt werden, habe ich oben bereits erwähnt. Auf vielen Plakaten, die an der Fakultät aushängen, ist Mariano Ferreyra (http://www.marianoferreyra.com.ar/) abgebildet, ein 23jähriger Student und Aktivist der Arbeiterpartei, der 2010 während einer Demonstration vermutlich von Mitgliedern der Eisenbahngewerkschaft Ferrovaria ermordet wurde. Damals wie heute sorgt der Fall für großes Aufsehen und Empörung im ganzen Land, außerdem läuft momentan der Gerichtsprozess gegen die Verdächtigen. Auf den Plakaten in den Hörsälen und Fluren der Uni wird Gerechtigkeit für Mariano Ferreyra und die Bestrafung der Schuldigen gefordert.
Die Plakate und Flugblätter, die in der Filo unermüdlich verteilt und aufgehängt werden, habe ich oben bereits erwähnt. Auf vielen Plakaten, die an der Fakultät aushängen, ist Mariano Ferreyra (http://www.marianoferreyra.com.ar/) abgebildet, ein 23jähriger Student und Aktivist der Arbeiterpartei, der 2010 während einer Demonstration vermutlich von Mitgliedern der Eisenbahngewerkschaft Ferrovaria ermordet wurde. Damals wie heute sorgt der Fall für großes Aufsehen und Empörung im ganzen Land, außerdem läuft momentan der Gerichtsprozess gegen die Verdächtigen. Auf den Plakaten in den Hörsälen und Fluren der Uni wird Gerechtigkeit für Mariano Ferreyra und die Bestrafung der Schuldigen gefordert.
"Facultad tomada - Fakultät besetzt"
Andere Plakate und Flugblätter informieren über UBA-interne
Angelegenheiten, zum Beispiel die Proteste gegen viel zu geringe Stipendienbeträge
($125 Pesos = ca. 20 Euro sollen monatlich für Essen, Fahrtgeld und
Kursmaterial reichen, was schier unmöglich ist) und die prekäre Lage der
Universitätsdozenten. Deswegen wird auch schon mal gestreikt und das
Fakultätsgebäude besetzt, sodass der Unterricht entweder ganz ausfällt oder im Freien
stattfindet.
Momentan ist politische Stimmung an der Filo sogar noch aufgeheizter als sonst, da diese Woche die Wahlen des CEFyL (= hiesiger AStA) stattfinden. Konkret heißt das: Man bekommt noch mehr Flyer aufgedrängt, wird in Gespräche über Frauen- oder Arbeiterrechte verwickelt und die Vorlesungen werden gefühlt alle fünf Minuten unterbrochen, weil die verschiedenen Gruppen ihre Wahlprogramm vorstellen wollen (insgesamt scheint es allen so ziemlich um dieselben Punkte zu gehen: den Zustand und die Nutzung des Fakultätsgebäudes zu verbessern, höhere Stipendienbeträge, verstärkte Mitsprache der Studenten...)
Nur die Tafel bleibt frei: Hörsaalplakatierung während der Wahlwoche |
Drumherum - Die Bar "Mac Pancho"
Immer wieder ein amüsantes Erlebnis, das noch den tristesten Uni-Tag versüßt: Kaffeeholen im "Mac Pancho", gleich gegenüber der Filo.
"Hola, hermosa, qué tal? - Hallo, meine Schöne, wie geht's?" schreit der glatzköpfige Barbesitzer hinterm Tresen hervor, sobald ich die Cafeteria "Mac Pancho" gegenüber der Filo betrete. Seine Gehilfen, fünf oder vielleicht gar sechs an der Zahl (man verliert hier leicht den Überblick), gruppieren sich im hinteren Teil der winzigen Bar um den Tresen herum. Einer eilt sogleich herbei, wenn ein Kunde den Laden betritt und nimmt diensteifrig die Bestellung entgegen.
"Hola, hermosa, qué tal? - Hallo, meine Schöne, wie geht's?" schreit der glatzköpfige Barbesitzer hinterm Tresen hervor, sobald ich die Cafeteria "Mac Pancho" gegenüber der Filo betrete. Seine Gehilfen, fünf oder vielleicht gar sechs an der Zahl (man verliert hier leicht den Überblick), gruppieren sich im hinteren Teil der winzigen Bar um den Tresen herum. Einer eilt sogleich herbei, wenn ein Kunde den Laden betritt und nimmt diensteifrig die Bestellung entgegen.
"Un
café con leche, por favor", bestelle ich. Einen Milchkaffee. "Un
café con leche por la señorita!",
brüllt der junge Gehilfe seinen Kollegen zu. Die setzen sogleich die
Kaffeemaschine in Gang. Der Chef brüllt nach vorn zu mir: "Más café? -
Mehr Kaffee (als Milch)?" Und da ich noch eine vierstündige Vorlesung vor
mir habe, rufe ich zurück: "Si, más cafe!" Und er bedenkt mich mit
einem Blick, der Stolz ausdrückt - als sei es eine bemerkenswerte Leistung
koffeinbedürftig zu sein: "Bueno, mi hijita!" (etwa: so ist's recht,
Mädchen).
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