Dienstag, 25. September 2012

Stipvisite in Uruguay II - Montvideo

Vom beschaulichen Colonia de Sacramento kann man per Schiff oder Bus (http://www.buquebus.com) weiterreisen nach Montevideo. Uruguays Hauptstadt wirkt im Vergleich zu Buenos Aires erstaunlich ruhig und verträumt. Sogar am Samstagnachmittag ist in der Altstadt nichts los - die meisten Geschäfte haben geschlossen, auf der Straße fahren nahezu keine Autos, nur wenige Menschen (und davon die Hälfte Touristen) schlendern durch die stillen Straßen. 


Einzig in der alten Markthalle am Hafen, in der sich ein Grillrestaurant ans andere reiht, herrscht reges Treiben - hier scheinen alle 1,3 Mio. Einwohner der Stadt versammelt zu sein, um ihr almuerzo, ihr Mittagessen, bestehend aus Bergen von Fleisch und Würsten, zu sich zu nehmen. Wer aber aus dem stets lauten, piependen, hupenden Buenos Aires hierherkommt, wird die Beschaulichkeit Montevideos zu schätzen wissen.
Die Straßen der Altstadt geben immer wieder den Blick auf den Hafen und den Río de la Plata frei. Auf der kilometerlangen Rambla, der Hafenpromenade, lässt es sich wunderbar am Río de la Plata entlangflanieren, der schließlich ins offene Meer übergeht.


In der Cuidad Vieja selbst gibt es hübsche, kleine Plätze mit hohen Bäumen und Grünflächen zu entdecken, gemütliche Eckcafes, die Catedral Metropolitana de Montevideo, eine Fußgängerzone mit allerhand Buchhandlungen, die schließlich zum Herzen der Stadt, der Plaza de Independencia führt. Hier befinden sich gebündelt die bedeutendsten Bauwerke Montevideos: der Regierungsitz, das Teatro Solís (das älteste Theater Südamerikas), der Palacio Salvo mit seinem auffälligen Art-Deco-Turm (bis 1935 das höchste Gebäude Südamerikas). Die Plaza selbst wird beherrscht von einem riesigen Reiterstandbild des Nationalhelden José Gervasio Artigas und dessen Mausoleum.

Die porteños sagen gerne, Montevideo sei "wie ein kleines Buenos Aires" - zugegebenermaßen sehr hübsch, aber auch ach so klein und still. Montevideo mag den meisten auf Dauer tatsächlich zu verträumt erscheinen. Und doch kann man nichts dagegen tun, sich vom leisen Charme dieser Stadt und ihrer Bewohner verzaubern zu lassen und sich in sie zu verlieben.





Montag, 24. September 2012

Stipvisite in Uruguay I - Colonia de Sacramento


Calle de los Suspiros
Drei Stunden Fährenfahrt von Buenos Aires entfernt, am anderen Ufer des Rio de la Plata, liegt Colonia de Sacramento, die älteste Stadt Uruguays. Wer aus der lebhaften und lauten argentinischen Hauptstadt hierherkommt, kann die Stille und Beschaulichkeit des Örtchens kaum fassen. Die baumgesäumten Straßen liegen ruhig und leer da, nur jenseits der alten Stadtmauer, in der malerischen Altstadt (UNESCO-Weltkulturerbe!) herrscht geschäftiges Treiben: Touristen spazieren umher, machen Fotos von der "Seufzergasse"(Calle de los Suspiros) und besteigen den kleinen Leuchtturm. 
Abends, wenn die Sonne als glühende Kugel im Meer (bessergesagt: im Río de la Plata) versunken ist, leeren sich die Straßen, die meisten Touristen haben die Fähre nach Montevideo genommen und die Einheimischen verstecken sich in ihren Häusern. Ein paar Restaurants in der Altstadt aber füllen sich mit den verbleibenden Besuchern, allen voran Brasilianern. So das gemütliche und originell eingerichtete "El Drugstore" gegenüber der Basilika (Iglesia Matriz), wo man den Köchen beim Zubereiten der Speisen zusehen und Livemusik genießen kann.






Mittwoch, 19. September 2012

In der Dirección Nacional de Migraciones - Die Einwanderungsbehörde


Eine Riesenhalle voller Lärm und Menschen. Schalterreihen entlang der Längswände. Lange Schlangen ziehen sich durch den gesamten Raum, Leute laufen mit Formularen in der Hand und suchendem Blick umher, Kinder wuseln um die Füße der Wartenden, die sich mit stoischer Miene dem stundenlangen Anstehen ergeben haben. Die Dirección Nacional de Migraciones erinnert an eine Bahnhofshalle oder einen Flughafen, an dem wegen Streik oder Unwetter unzählige Touristen gestrandet sind. "Wie  auf Ellis Island", hat meine Freundin Hannah gesagt und ich finde den Vergleich sehr passend. Ich bin hier, um mein Studentenvisum zu beantragen. Erst mal bin ich wie erschlagen von all dem Gewusel um mich herum und habe keine Ahnung, wohin  oder an wen ich mich wenden muss.

Das Gebäude selbst war schon nicht leicht zu finden. Es liegt etwas zurückgesetzt an der Avenida Antártida Argentina nahe dem Bahnhof Retiro, ein unscheinbares, gelbes Gebäude, in dem sich passenderweise auch das Museo Nacional de la Inmigración befindet. Aber an der langen Schlange vor dem Gebäude und dem Knäuel Menschen, das sich um einen im Eingang stehenden Polizisten in orangener Weste drängt, kann man erkennen, dass man hier wohl richtig ist.

Der Polizist hat mich gleich hinein in die große Halle geschickt, wo ich versuche mich zu orientieren - was aber kaum möglich ist, da es hier keinerlei Orientierungshilfe gibt. Zum Glück entdecke ich einen zweiten Polizisten, der mich zum Schalter 7 schickt - ich darf durch ein Absperrband und, ohne eine Nummer zu ziehen oder mich in eine lange Schlange einzureihen, direkt zum Schalter gehen. "Ex-Mercosur", steht darüber. Wer nicht aus dem sogenannten Mercosur, d.h. Brasilien, Uruguay, Paraguay oder Venezuela, stammt, für den geht es hier im Amt etwas schneller. Der freundliche junge Mann von Schalter 7 lässt sich meinen Pass und mein Passfoto geben, nimmt mir die Abdrücke aller zehn Finger ab und schickt mich mit einem Zettel zur Schalterreihe D. Nun heißt es warten, bis ich aufgerufen werde.

Auf den Stuhlreihen um mich herum sitzen lauter Ex-Mercosur-Leute. Auch einige UBA-Austauschstudenten wie ich sind darunter. Eine Dänin aus meinem Spanischkurs ist gerade dabei ihren Visumsantrag am Schalter D3 abzuwickeln. Vor mir rutscht ein kleiner Junge auf den Knien über den Boden und schiebt selbstvergessen ein quietschgrünes Spielzeugauto vor sich her. Ich schaue immer wieder auf die Anzeigetafel über den Schaltern. Sechs Nummern sind vor mir. Eigentlich ganz gut, finde ich und denke an die vielen Geschichten von stundenlangem Warten, die mir von verschiedenen Seiten erzählt worden sind. Lange tut sich nichts mit den Nummern auf der Anzeigetafel.  Dafür werden, zur Erbauung der Wartenden, Fotos und Zitate ehemaliger Einwanderer eingeblendet, die sich allesamt lobend über ihre neue Heimat äußern - Argentinien sei das beste Land der Welt, sagen so oder so ähnlich der Asiate, der Afrikaner, der Nordeuropäer, der Mexikaner, und schwärmen von den Vorzügen des argentinischen Staates, der argentinischen Mentalität und Kultur.  Mit der Wirklichkeit der Einwandererfamilien, die schon einen halben Tag hier anstehen, haben diese Aussprüche nicht viel zu tun.

Irgendwann geht es doch voran. Nach und nach werden meine Sitznachbarn aufgerufen und dann bin auch ich an der Reihe. Pass, Immatrikulationsbescheinigung der Uni, argentinisches Führungszeugnis werde verlangt. Außerdem muss ich Adresse, Telefonnummer und die Namen meiner Eltern angeben. Dann werde ich zum Zahlen der Migrationsgebühr geschickt. Dann zig Formulare unterschreiben. Dann wieder warten. Doch ich habe Glück: an meinen Unterlagen wird nichts beanstandet und die junge Frau, die meinen Antrag bearbeitet, ist sehr flink. Nach insgesamt einer Stunde kann ich die Behörde wieder verlassen: ich bekomme eine Bescheinigung in die Hand gedrückt, werde gebeten in ca. 20 Tagen mein Visum abzuholen und kann gehen. So schnell und problemlos läuft es nicht für jeden im Migrations-Amt.

Sonntag, 16. September 2012

Impressionen

La Boca:

Hafengewässer
"Hier bin ich Touri, hier darf ich's sein": "El Caminito"
"El Caminito"

Zentrum:

Plaza Lavalle
Sandro, "el Elvis argentino"

  San Telmo:

Das Café "El Hipopótamo"
Parque Lezama

In der Pasaje de la Defensa

 

Recoleta:

Fitnessstudio im Freien

Samstags auf der Plaza Francia

Mittwoch, 12. September 2012

Busfahren in Buenos Aires, Teil II


Die Tücken der Vorbereitung einer colectivo-Fahrt in Buenos Aires habe ich ja bereits ausführlich beschrieben (s. Busfahren in Buenos Aires, Teil I). Sobald man dank Guia "T" oder der "Mapa" weiß, welche Linie man benötigt und man herausgefunden hat, wo sich die passende Haltestelle befindet, kann es endlich mit dem colectivo-Fahren an sich losgehen.
Ein wenig Vorwissen ist dabei sehr hilfreich - am besten, man begeht seine erste Fahrt im Beisein eines bereits kundigen colectivo-Fahrers (so hat mich beispielsweise meine Freundin Sara in die Kunst des portensischen Busfahrens eingewiesen). Oder man beobachtet die anderen Menschen an der Haltestelle scharf und tut es ihnen nach.
Bis man sich erleichtert in einen freien Sitz des Busses fallen lassen kann (freier Sitz - welcher freie Sitz?) oder wenigstens einen halbwegs passablen Stehplatz mit Festhaltemöglichkeit ergattert hat, ohne dass man von Ellbogen, den spitzen Absätzen der Nebenfrau oder unhandlichen Paketen belästigt wird, sind drei Schritte unabdingbar:

1. Den Arm ausstrecken.
Sobald sich ein Bus der gewünschten Linie nähert, tritt man einen Schritt auf die Straße, streckt den Arm aus, versucht den Busfahrer durch die spiegelnde Frontscheibe hindurch zu fixieren und hofft, dass der Bus nicht so voll sein möge, dass er gleich gar nicht anhält. (Doch selbst wenn ein Bus in europäischen Augen bereits brechend voll zu sein scheint - ein porteño, der nicht länger warten will, findet einen Weg, um sich noch hineinzuquetschen. Selbst wenn der Fahrer dann die Tür nicht mehr schließen kann…)

2. Dem Busfahrer verständlich machen, wie viel man gerne zahlen würde.
Man hat die Wahl zwischen $1,10 (kurze Strecke), $ 1,20 (mittlere Strecke) oder $1,25 Pesos (lange Strecke), wobei letzterer Preis umgerechnet 0,20 Euro beträgt. 

3. Fahrpreis bezahlen.
Das macht man entweder mit der praktischen Sube-Karte, die man in Post-Filialen erwerben und mit Guthaben bestücken kann. (Ganz einfach und unbürokratisch ist der Erwerb der Sube leider nicht, aber das tut jetzt nichts zur Sache…) Oder man bezahlt mit Münzen. Das tut man aber weder gern noch lange Zeit, denn das mit den Münzen und den colectivo-Fahrkartenautomaten (die sich stets hinter/neben/vor dem Busfahrer befinden) ist eine sehr leidige Geschichte.

In Argentinien, muss man wissen, gibt es Geldscheine im Wert von $ 2 bis $ 100 Pesos. Von Scheinen wollen die Fahrkartenautomaten aber nichts wissen. Für sie braucht man Kleingeld. Das "größte" Stück argentinisches Hartgeld ist die 2-Pesos-Münze, die erst dieses Jahr eingeführt worden ist. Da sie so neu ist, sind die meisten Fahrkartenautomaten nicht daran gewöhnt, 2-Pesos-Münzen zu schlucken. Und spucken sie trotzig wieder aus, mache man, was man will. (Und dabei hat man sich soeben noch so gefreut, dass man eine 2-Peso-Münze im Geldbeutel hat - außerdem beträgt der Fahrpreis für Fahrgäste, die mit Münzen statt Sube bezahlen, auch genau 2 Pesos!).

Da lässt sich nichts machen - man muss nach kleineren Münzen kramen und beten, dass man genug zusammenbekommt, um den Fahrschein zu erwerben. Denn nichts scheint schwerer, als an Münzen zu kommen in dieser Stadt! 
Bevor wir im Besitz der göttlichen Sube waren, waren meine Freundinnen und ich den ganzen Tag damit beschäftigt, mehr oder weniger sinnvolle Einkäufe zu tätigen, um an Wechselgeld in Münzform zu kommen. Da es aber den 2-Pesos-Schein gibt, bekommt man beim Einkaufen so gut wie nie 2 Pesos in Münzen zurück. Wenn man also einen dicken Stapel 2-Pesos-Scheine im Portmonnaie hat, aber keinerlei Münzgeld, dann bleibt einem nichts anderes übrig als Kellner oder Kioskbesitzer anzubetteln, doch bitte einen 2-Pesos-Schein kleinzumachen. Und das ist nicht immer ohne weiteres möglich, da auch Kellner und Kioskbesitzer nur mit viel Mühe genug Münzen zusammenkramen können und daher äußerst ungern wechseln...
Also: entweder, man besorgt sich schleunigst die Sube-Karte oder man hortet Münzen mit ebenso großem Geiz und Verschlagenheit wie Onkel Dagobert!

Doch sobald die drei Schritte - mit ausgestrecktem Arm winken, Fahrpreis nennen, bezahlen - erledigt sind, kann das Abenteuer colectivo-Fahren endlich so richtig losgehen.