Eine etwa 100 Meter lange, schmale Straße unweit der imposanten eisernen Brücke Puente Transbordador am Fluss Riachuelo hat 1959 offiziell den Namen "Caminito" erhalten, benannt nach einem berühmten Tango, und wurde zu einem Museum unter freiem Himmel. Künstler des Viertels fertigten Wandreliefs und Standbilder an, die typische Szenen und Menschen aus dem alten La Boca zeigen: Tangotanzende Paare, Hafenarbeiter, Matrosen…
Die ehemaligen Mietshäuser, conventillos genannt, sind schreiend bunt bemalt und machen die
besondere Anziehungskraft des Viertels aus. Die Farbenpracht soll dem Einfluss
des Malers Benito Quinquela Martín geschuldet sein, dem berühmtesten Sohn und
Wohltäter des Viertels. Auch die an den "Caminito" angrenzenden
Straßen sind von blauen, gelben oder roten Häuschen gesäumt, in denen sich
hauptsächlich Cafés oder Touristenläden mit den immer gleichen Argentina-T-Shirts, Lederwaren oder
Matebechern befinden. Sobald man diese farbenfrohe Szenerie verlässt und weiter
ins Innere von La Boca vordringt, findet man ein authentisches, immer noch ärmliches portensisches
Stadtviertel vor. Zu weit sollte man sich aber nicht vom "Caminito"
fortwagen, denn noch heute hat La Boca einen schlechten Ruf.
In den alten Tangotexten, in Gedichten und Romanen der
ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts taucht das Hafenviertel immer wieder als
Hort von messerbewehrten Schurken, Prostituierten, Rauf- und Trunkenbolden auf. Diese Klientel hat sich längst
verabschiedet, am "Caminito" geht es heute zivilisiert zu, auch wenn
sich hier immer noch viele Halsabschneider herumtreiben, die den Touristen das
Geld aus der Tasche ziehen möchten. Für Bares kann man hier nicht nur allerhand
Krempel und Krimskrams erwerben, es gibt auch die Möglichkeit mit Tangopaaren
oder lebenden Statuen fürs Foto zu posieren oder sich selbst als Tangotänzer
ablichten zu lassen.
Mitten in diesem bunten Getümmel befindet sich ein Gebäude,
das so gar nicht hierher zu passen scheint: Die Fundación PROA, eine Kunststiftung, die in einem schicken Bau mit
Glasfassade Ausstellungen moderner Kunst beherbergt. Über breite Treppen und an
großen Fenstern vorbei schreitet man zum Café der Galerie, von dessen Terrasse
aus man das Hafenbecken Vuelta de Rocha
und die bunten Stände der Straßenverkäufer überblicken kann. Im Hintergrund
erhebt sich dunkel die massige Eisenbrücke und Verkehr rast in der Ferne über
die Autobahn.
Derzeit stellt die PROA
Werke von Alberto Giacometti aus, eine beeindruckende Schau quer durch das
Lebenswerk des Schweizer Künstlers, angefangen bei seiner Femme cuillere bis hin zum Homme
qui marche. Kunstliebhaber spazieren durch die kühlen Ausstellungsräume,
während draußen touristischer Trubel herrscht, untermalt von Tango-Klängen und
Candombe-Trommeln.
Touristenparadies:
Diego Maradona darf natürlich auch nicht fehlen |
Abseits des großen Trubels, eine stillgelegte Bahnstrecke: